Bis 2025 soll er fertig sein, der Quantencomputer des Quantum Valley Lower Saxony. Fertig heißt in diesem Fall: Dutzende Ionen stehen für Rechenoperationen zur Verfügung, während im Hintergrund immer weiter optimiert wird. Dafür forschen Wissenschaftler*innen in Hannover und Braunschweig gemeinsam auf Hochtouren. Im Zentrum stehen dabei aktuell drei Demonstratoren, die mit den ersten QVLS-Qubits aufwarten können. QVLS-Sprecher Professor Christian Ospelkaus öffnete an der Leibniz Universität Hannover die Türen zu den Demonstratoren im Institut für Quantenoptik und im HITec.

„T-chhhhhh, T-chhhhhhh“ So klingt es also, wenn man mit Qubits rechnen will. Wie bei normalen Computern auch, ist am Quantencomputerdemonstrator im Institut für Quantenoptik das lauteste die Kühlung. Nur wird hier nicht der Prozessor mit einem Miniaturwindrad gekühlt, sondern gleich mit fünf Grad Kelvin kalten Helium auf Kryotemperaturen gefrostet. Zum rhythmischen „T-chhhhhh“ gesellt sich das Summen zahlreicher Elektronik. Es ist ein ganzes Labor voller Technik. Und jedes Teil trägt seinen Teil zum Wunderwerk bei. Rechts ist ein Bildschirm, mit dem die Wissenschaftler im Moment den alles entscheidenden Chip betrachten. In der Mitte ist ein raumdominierender Labortisch mit optischen Instrumenten – Linsen, Strahlteiler und Laser, die maßgeschneidertes Licht Richtung Ionenfalle senden. Und da ist das Herzstück: Ummantelt von einer Vakuumkammer und gewissermaßen behütet von der Kühlpumpe wartet eine Falle auf ihre Ionen. Dort, auf wenigen Quadratmikrometern findet das statt, woran im Quantum Valley Lower Saxony Wissenschaftler*innen arbeiten: Rechnen mit Ionen.

Warum Ionen?

Ideen für Quantencomputer gibt es mittlerweile in unterschiedlichsten Architekturen. Man liest neben Ionenfallen von supraleitenden Qubits, von Spin-Qubits oder Stickstoff-Fehlstellen-Zentren in Diamantgittern (NV-Zentren). Bei der Suche nach dem besten Quantencomputer, zeigt jede dieser Architekturen aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften unterschiedliche Stärken und Schwächen.

Beispielsweise können die supraleitenden Rechner bereits mit vielen Qubits aufwarten, diese sind aber nur Bruchteile von Sekunden stabil. Die Qubits in NV-Zentren sind dagegen wortwörtlich hart wie Diamanten, bisher kommen aber kaum mehr als vier Zentren dicht genug zusammen für einen Computer.

Die gefangenen Ionen bleiben im Vergleich ebenfalls über lange Zeiträume stabil und vertragen sich auf dichtem Raum deutlich besser als die NV-Zentren – aber auch hier gibt es momentan noch ein Limit, wie viele Ionen zusammengebracht werden können. Kurz und gut: Momentan ist es nicht abzusehen, welche Architektur(en) sich langfristig durchsetzen werden und für welche Zwecke, welcher Ansatz am besten geeignet ist. Entsprechend ist eines der zentralen Schlagworte: Skalierbarkeit. Welche Architektur kann in Zukunft nicht nur 50 oder 500 Qubits zusammenbringen, sondern eine ganze Million?

Auf breitem Weg zum Erfolg

Es ist nur ein kurzer Spaziergang durch den Welfengarten zum nächsten Quantencomputer-Labor Hannovers. Im HITec entstehen gleich in zwei Räumen die neuartigen Rechner. Noch ist es hier allerdings sehr ruhig. Keine zischende Kühlung, sondern sich füllende Labortische. Im Gegensatz zum ersten Prototyp von vorhin, ist hier von Anfang an alles aufs Rechnen mit Ionen ausgelegt. Der Chip soll hier deutlich mehr Qubits beherbergen. Für die Forschenden heißt das, ein Konzept zu realisieren, welches bisher vor allem theoretisch funktioniert.

Professor Christian Ospelkaus leitet die institutionsübergreifende Arbeitsgruppe zu „Trapped-Ion Quantum Engineering”

Professor Christian Ospelkaus: „Natürlich haben wir einen detaillierten Plan und zusätzlich mehrere Demonstratoren gleichzeitig. Wenn wir also mit einem Demonstrator auf ein Problem stoßen, kann uns ein anderer vielleicht mit der Lösung weiterhelfen. Da wir mit den Aufbauten allgemein in Neuland vorstoßen, müssen wir eben auch Freiflächen für Unvorhersehbares einkalkulieren. Ein Teil der Chipfläche wird beispielswese für kleine Mikrowellenbauelemente gebraucht, mit deren Hilfe die Berechnungen auf den Ionen durchgeführt werden.

Eine Frage der Temperatur

Es gibt noch einen weiteren Demonstrator im Quantum Valley Lower Saxony. Dieser steht allerdings in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig. Der ohrenscheinlichste Unterschied zu den Hannoveraner Aufbauten: An der PTB gibt es keine Helium-Kühlung. Warum also der zusätzliche Aufwand am Hannoveraner Standort? Beide Ansätze kühlen die einzelnen Ionen, indem sie deren kinetische Energie mit Laserstrahlen ausbremsen. Ionenfallen bei Raumtemperatur sind so für die Wissenschaftler*innen durchaus machbar. Aber bis zu wie vielen Ionen man das Spiel sinnvoll betreiben kann, muss noch erforscht werden. Bei Raumtemperatur droht etwa, dass Restgaspartikel im Vakuum mit den Ionen kollidieren und diese aus ihrer Falle wieder herausstoßen. Versucht man dagegen, diese Schwachstelle mit mehr Spannung auszugleichen, hat man vor allem gute Chancen, den Chip dabei zu zerstören.

Stattdessen verringern die Forschenden das Hintergrundrauschen und verbessern das Vakuum, in dem Sie den kompletten Chip auf etwa 4 Grad Kelvin herunterkühlen. Was nach Extremtemperatur klingt, ist aus Physikerperspektive vergleichsweise leicht handhabbar. Im Vergleich zu Supraleitenden Qubits in den Rechnern von IBM und Co ist die Temperatur, die man für die gewünschten Eigenschaften erreichen muss, längst nicht so tief.

Zusätzlich muss das Konzept des Quantencomputers nicht einfach nur funktionieren, es muss eben auch skalierbar sein. Hier spielt die Temperatur eine wichtige Rolle. „Es gibt andere Ansätze, Ionenfallen mit hoher Spannung bei Raumtemperatur stabil zu bekommen, aber die Chips werden dann makroskopisch groß und verlieren so ihr Potenzial hochskaliert zu werden. Zwar stehen auch wir vor der Herausforderung der Skalierbarkeit, aber wir haben auch mehrere Ideen, wie wir dort voranschreiten können. Entsprechend entwickeln wir die Technologien, die uns Schritt für Schritt unsere Demonstratoren für mehr Qubits hochskalieren lassen“, sagt Professor Christian Ospelkaus.

Die Arbeitsgruppe von Professor Christian Ospelkaus betreibt sowohl Labore an der Leibniz Universität Hannover, als auch dieses an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt.

Bilder: Jan Hosan